Leserbrief zur Raumplanung “Nicht nur in Grächen”

Nach den Wirren um die Raumplanung in Grächen und dem WB-Leserbrief vom 08.04.21 sind nun doch ein paar Bemerkungen angebracht.

Das Raumplanungsgesetz wurde am 23.3.2013 vom Schweizervolk mit 62.9% angenommen. Im Wallis wurde das Gesetz mit 80.4% abgelehnt und nicht wie im Leserbrief beschrieben angenommen. Selten waren sich die Berg- und Talgemeinden oder Oberwalliser und Unterwalliser so einig. Das Wallis stand mit dieser Entscheidung aber völlig quer in der Schweizer Landschaft.

Übrigens, nebenbei bemerkt: ich habe dieses Gesetz auch abgelehnt, da ich direkt betroffen bin und mich die Übung  bereits zig-Tausende Franken cash kostete.

Fakt ist: das Gesetz ist seit 2014 in Kraft. Diese Rechtsgrundlage auszublenden und dabei falsche Hoffnungen gegenüber Dritten zu erzeugen oder die Leute gar falsch zu beraten, bringt nichts. In der Demokratie ist das halt so, wenn die Mehrheit entscheidet, haben das die Unterliegenden zu akzeptieren.
Die Raumplanung wird vom Bund auf die Kantone und von den Kantonen auf die Gemeinden runtergebrochen. Der Gemeinderat von Grächen hat seit 2014 immer wieder erwähnt, dass diese Aufgabe bearbeitet werden muss und zu gegebener Zeit schrittweise veröffentlicht wird.

Durch die Runterberechnung der undankbaren Arbeit auf die Gemeinde und den Gemeinderat, sind im Umkehrschluss auch die Schuldigen und die Feindbilder sofort auszumachen, es ist der Gemeinderat und natürlich der Gemeindepräsident im Speziellen. 

Als Basis für die Zonenplanung gilt die ortsansässige Bevölkerung und nicht die Gästebetten oder gar die für 10000 Personen ausgelegte Infrastruktur von Grächen. Im Übrigen zwängt die Zweitwohnungsinitiative zusätzlich weiter ein.
Der Druck zur Umzonung entsteht im Wallis auch aus dem Raumbedarf von Talgemeinden im Unterwallis, können doch einige Gemeinden ihre Bauzonen nicht einfach vergrössern, solange Gemeinden mit überdimensionierter Bauzone ihre Aufgaben in der Raumplanung nicht anpacken. Hier ist wichtig, dass unsere Regierung in Sitten nicht nur die Oberwalliser Gemeinden in Pflicht nimmt und den Rest im Modus laissez faire belässt.
Gemeinden, die meinen, auf Zeit zu spielen und mal abzuwarten, laufen in die Gefahr, fremdbestimmte Zonenplanungen  zu erhalten. Dies könnte zum Beispiel Bauzonenreduktionen selbst im Dorfperimeter bedeuten. Was in den fernen Schubladen liegt, werden wir dann sehen. Diese Gefahr wird noch verstärkt, da das Oberwallis bald nur noch ein Viertel der Bevölkerung stellt und sich der Mehrheit im Kanton fügen darf.
Die Problematik wurde vom Kanton und den Gemeinden, auch von Grächen, seit Jahren unterschätzt.
Als Retourkutsche dafür haben wir jetzt keinen grossen Spielraum oder kurz um, es ist wie es ist. Es ist auch so, dass eingezonter Raum auf eine bestimme Zeit bebaut werden muss, sonst fällt dieser wieder raus. Auch dieser Prozess wurde im Wallis ausser Acht gelassen. 
Dies sind einige Rahmenbedingungen, die überblickt und nicht ausgeblendet werden dürfen.
Wie schon vor Jahren vermerkt, Kopf in den Sand stecken, wie ein stolzer Straussengockel, ist hier keine Strategie.

Im Grächen Aktuell sind die bisherigen Schritte der Umzonung dokumentiert und erörtert worden, vom Workshop für das Entwicklungskonzept bis zum Siedlungsperimeter. Auch die Verfahren wie es weiter geht, wurden immer wieder aufgezeigt..

In verschiedenen Medien wurde des Öfteren darauf hingewiesen, dass der Tag X kommen wird. Banken, wie WKB und Raiffeisen, haben dieses Thema vor Jahren aufgegriffen, ihre Darlehen und Kredite richtig zu bewerten und das zwar unabhängig vom Bearbeitungstand oder zutun der Gemeinde(n), sondern im Auftrag der FINMA. 

Der Siedlungsperimeter ist nun der Schritt, wo es zum ersten Mal direkt ins Eingemachte geht. Grächen hat schon seit 2014 die Aufgabe erhalten, ca. 40 Hektaren zurückzuzonen.
Der Siedlungsperimeter wurde letztes Jahr veröffentlicht, mit der Aufforderung an die Bevölkerung und BodenbesitzerIn, ihre Stellungnahme zum Entwurf abzugeben und mit dem Gemeinderat in Dialog zu treten. Dies ist am einfachsten, wenn jeder seinen Anmerkungen oder Anliegen direkt anbringen kann. Keine Gemeinde weit und breit hat den Siedlungsperimeter so zur Diskussion gestellt! Nur Grächen ist diesen Weg gegangen, unter anderem auch aus der Erkenntnis, dass Versammlungen durch COVID 19 Massnahmen ungewiss waren.

Die betroffene Bevölkerung hat  die notwendigen Informationen erhalten und es haben mehrere dutzend Personen von dieser Feedbackmöglichkeit Gebrauch gemacht. 
Diese Rückmeldungen sind nun zu bearbeiten und den Siedlungsperimeter für den Termin im Herbst (war eben mal Mai/2020) zu überarbeiten. 
Darüber konnten viele Fragen von Bodenbesitzern per Dialog, mit Gemeinderäten oder Gemeindepräsident, geklärt werden, gerade auch über die Möglichkeit von weiteren Bautätigkeiten.
Die Veröffentlichung zieht übrigens keinen rechtskräftigen Charakter mit sich, auch dies wurde klar dargestellt.
Beratungsresidente Mitglieder von Altherrenclubs waren aber, wie immer in Grächen, nicht zu einem Dialog bereit oder gar fähig.

Die Veröffentlichung des Siedlungsperimeter ist gezielt via Presse, Anschlag und elektronischen Medien erfolgt, damit die Informationen möglichst breit zur Verfügung standen. Die Rückmeldungen haben gezeigt, dass der Einsatz der Medien richtig gewählt war.

Im Begleitschreiben waren ebenfalls zusätzliche Informationen enthalten.
Eine davon war, dass der Gemeinderat mit einer moderateren Lösung in Sitten angefragt hat. Diese Variante ist aber im Nu wieder in Grächen zurück gelandet, mit der Aufforderung, die Vorgaben von 40 Hektaren zu erfüllen. Es war der naive Versuch, eben näher an den 30 Hektaren zu fahren. 
Der aktuelle Siedlungsperimeter wurde vor der Veröffentlichung erneut dem Kanton zur Vorprüfung zugestellt, dieser hat dabei ein positiver Entscheid rückgemeldet.

Der nächste Schritt ist die Bearbeitung der Rückmeldungen um damit den Siedlungsperimeter weiter zu verfeinern und an den Kanton zu übergeben. Es wird mehr oder weniger der in den letzten Jahren erarbeitete Siedlungsperimeter sein. 
Dieser ist nun die Basis für weitere Arbeiten in der Gemeinde Grächen, bis dann in ein paar Jahren ein Zonenplan aufgelegt werden kann, mit amtlicher Möglichkeit zur Einsprache, Urversammlungen, Staatsrat, Gerichte usw. 

Der Gemeinderat hat die Veröffentlichung des Entwurfes bewusst auch im Wahljahr 2020 gemacht, da bis Mai 2021 diese Arbeiten auf dem Termin standen. Das Risiko, dass die Gemeinde in eine unsichere Lage bezüglich der Baubewilligungspraxis (siehe andere Gemeinden) gelangen könnte, wurde nicht in Kauf genommen. 
Im unnötigen Wahlkampf im Herbst 2020 wurde das Thema prompt aufgegriffen und verpolitisiert. Tragisch sind die Versprechungen, die da gemacht wurden. Versprechungen, ohne sich dabei in der Sachlage und den möglichen Verpflichtungen bewusst zu sein. Es wäre aber nun Zeit, den Wahlkampfmodus abzulegen und sich der Sache im ganzen Überblick zu widmen.
Das gebetsmühlenartig vorgebrachte Argument, man hätte zu wenig kommuniziert, informiert usw. ist nun bereits absurdum geführt. Soll doch eine IG die Vertretung der Bodeneigentümer übernehmen, damit sich die Gemeinde nicht mit jedem einzeln Bodenbesitzer herumschlagen muss, entbehrt jeder Logik.
Wie eine öffentliche Aufforderung zur Opposition gegen Gemeinde und Staat bei den kantonalen Stellen ankommt, wird sich noch zeigen, ob das für Grächen zum Vorteil war. 

Es gibt viele Wege, die nach Rom führen. Das kann jeder für sich selbst entscheiden. Wir brauchen nicht über die Wege zu diskutieren, der Weg ist nicht das Ziel.
Wir müssen ganz einfach das Ziel mit den notwendigem Überblick vor Augen haben.

Um nun den Kreis zum Leserbrief zu schliessen, erlaube ich mir noch die Bemerkung, dass ich beide Oberwalliser Staatsräte unterstützt habe, Franz Ruppen und den Macher in Sion, Roberto Schmid.
Allerdings weniger in der Erwartung, dass diese beiden Herren mir das Raumplanungsgesetz abschaffen, sondern weil sie fähig sind, sich für den Kanton und auch für das Oberwallis einzusetzen.
Beide haben in ihrem Rucksack als Gemeindepräsidenten Kenntnisse der Raumplanung geladen. Der Stand von Naters wurde vor nicht allzu langer Zeit in der Presse kommentiert.

Christof Biner
April 2021

 

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